Zum Geburtstag von Yves Saint Laurent werfen wir einen Blick in sein Museum in Marrakesch

Kasbah YSL: In Marrakesch, gleich neben dem Jardin Majorelle, huldigt nun ein monografisches Museum dem großen Yves Saint Laurent. Entworfen haben es zwei junge Franzosen – inspiriert von den klaren Formen seiner Mode.
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Das Gebäude als Zusammenspiel aus Kanten und Kurven, angelehnt an Entwürfe des Designers Yves Saint Laurent. Der Eingang weist Richtung Osten.Dan Glasser

Als Yves Saint Laurent 1966 nach Marrakesch kommt, ist es ein coup de foudre: eine Liebe auf den ersten Blick. Die Farben, Düfte, Arabesken imponieren dem Modemacher so sehr, dass er sofort ein Haus kauft. Die Königsstadt am Hohen Atlas ist mehr als nur zweite Heimat für ihn; ein Rückzugsort, an dem er dem verlorenen Paradies seiner Kindheit im damals französischen Algerien nachhängt. Hier ist er glücklicher und freier als in Paris. In sein Tagebuch schreibt er: „Vor Marrakesch kannte ich nur Schwarz und Weiß.“ Dort hat ihm sein langjähriger Partner Pierre Bergé ein Denkmal gesetzt: ein Museum neben dem Jardin Majorelle, wo vor neun Jahren Saint Laurents Asche verstreut wurde. Doch Bergé hat die Vollendung dieses Lebenstraums nicht mehr erlebt, er starb am 8. September 2017. Die Eröffnung am 14. Oktober muss nun ohne ihn stattfinden.

Die Fassade des Museums ist mit marokkanischen Terrakottaziegeln in insgesamt sechs verschiedenen Mustern verkleidet.

Dan Glasser

Das Gebäude als Zusammenspiel aus Kanten und Kurven, angelehnt an Entwürfe des Designers Yves Saint Laurent. Der Eingang weist Richtung Osten.

Dan Glasser

Bergé, dessen Optimismus und betriebswirtschaftliches Geschick dem Genie Yves Saint Laurent halfen, ein Modehaus von internationaler Strahlkraft zu errichten, schützte seit dem Tod des großen Couturiers auch dessen Vermächtnis. Für die Finanzierung des Hauses hatte er seine Kunstsammlung und Teile seiner Bibliothek verkauft. Er wollte, dass das Projekt „in der Familie“ bleibt, und wandte sich an die jungen Architekten Olivier Marty und Karl Fournier. Die beiden sind als Studio Ko seit 15 Jahren in Marrakesch aktiv, sie haben sich an der École des ­Beaux-Arts in Paris kennengelernt und stehen zu Beginn der nuller Jahre noch am Anfang ihrer Karriere, als sie schon den ersten Auftrag in Marokko haben: ein Wohnhaus für die Familie Hermès, später eines für die Industriellenfamilie Agnelli. Dort lernte Fournier Pierre Bergé kennen, sie wurden Freunde.

Die Designer von Studio Ko: Karl Fournier und Olivier Marty. studioko.fr.

Noël Manalili

Als Bergé vor drei Jahren auf die Architekten zukam, war seine Idee für das Museum vage: Zeitgemäß sollte es sein, marokkanisch, mit Liebe zum Detail. „Ich war nicht sicher, was er von uns erwartet hatte“, sagt Olivier Marty heute. Er und Karl Fournier arbeiten unkonventionell; „ich fasse Gedanken in Worte, Olivier arbeitet sehr visuell, sensorisch“, erklärt Fournier. Er träumte von einem Gebäude, das außen rau und warm ist und innen leicht und hell. Marty entwarf eine abstrakte Komposition, opak und robust, ein Spiel aus Volumen und scharfen Winkeln wie eine kubistische Skulptur. Die Backsteinfassade drapierten die Architekten wie ein Kleid um das Gebäude; die reliefartige Textur nimmt dem Material seine Schwere. „Wir sahen eins von Saint Laurents Schnittmustern, und die Mischung aus klaren Linien, durchbrochen von einer Kurve hie und da, war der einzige Punkt, in dem wir seine Arbeit reflektieren wollten“, erklärt Marty.

Studio Ko – Architekten, Marrakesch / Paris / London. Karl Fournier und Olivier Marty lernten sich 1996 während des Studiums kennen. Kurz darauf gründeten sie Studio Ko. Einen Namen machten sie sich mit der Gestaltung des „Chiltern Firehouse“ in London. Mit ihren Büros in Paris, London und Marrakesch arbeiten sie gerade an einem Rebrush des „Chateau Marmont“ und an Projekten von Nordamerika bis Ostasien.

Der Bau umfasst über 4000 Quadratmeter. Der Eingang führt in einen Patio aus marokkanischem Terrazzo und gestocktem Beton; hinter dem ikonografischen Monogramm von Adolphe Mouron Cassandre erreicht der Besucher die grande halle, die durch die Reflexion Tausender Fliesen in schimmerndem Blau erstrahlt. Von der Halle gelangt man in den Konzertsaal, die Bibliothek, eine Boutique und ein kleines Café. Und in die „Salle YSL“, die die stän­dige Sammlung beherbergt. In einer Art Blackbox rotieren hier 50 Couture-Kleider aus der 5000 Teile starken Sammlung. Yves Saint Laurent, der am 1. August 1936 im algerischen Oran geboren wurde, besaß früh die Weitsicht, herausragende Entwürfe zu archivieren. In Marrakesch werden bedeutende Stücke wie „Le Smoking“ gezeigt, das „Safari Jacket“ oder die „robe Mondrian“. Eine umfassende Retrospektive dagegen entsteht gerade im ehemaligen Atelier in Paris.

Der kreisrunde Innenhof mit dem ikonischen Monogramm, hinter dem sich der Zugang zum Museum versteckt.

Dan Glasser

Hier die Fassade und der Blick aus dem Patio.

Dan Glasser

Das Haus in Marrakesch erkundet die fantasievolle Seite des Lebenswerks von Yves Saint Laurent. Der Bau ist von zurückhaltender Eleganz wie das Werk des einzigartigen Couturiers; ein steingewordenes Zeugnis der großen Liebe zwischen zwei Menschen, zwischen den beiden und dieser Stadt. Kein Mausoleum, sondern ein Haus, wie Pierre Bergé es sich für seinen Partner gewünscht hatte: ausdrucksstark, marokkanisch, modern.

Türkisfarbene Fliesen reflektieren in der grande halle oben das Licht.

Dan Glasser

Auch wenn im Auditorium eher Filme gezeigt werden sollen, war die Inspiration ein Konzertsaal.

Dan Glasser